Hörmann: „Uns eint die Sehnsucht nach Olympia"

Gruppenbild (v. l.): Alfons Hörmann, Michael Neumann, Thomas de Maizière, Olaf Scholz, Friedhelm Julius Beucher
© DOSB/Jan Haas

Mit einer Einladung an das ganze Land, eine neue Vision von Olympia zu verwirklichen, bewirbt sich der deutsche Sport mit Hamburg um die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024/2028.

Das hat die Außerordentliche Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) am Samstag in der Frankfurter Paulskirche einstimmig beschlossen. Alle 410 Delegierte votierten für die Bewerbung der Freien und Hansestadt und damit für den Vorschlag, den das Präsidium des DOSB am vorigen Montag nach umfangreichen Beratungen mit den Sportverbänden sowie weiteren Experten aus der Sportfamilie, aus Zivilgesellschaft und Politik beschlossen hatte. Neben Hamburg hatte sich Berlin beworben.

Das sei „ein Anlass zur Freude und zur Erleichterung", sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann nach diesem „besonderen Tag an einem geschichtsträchtigen Ort". Nach einem fairen Wettbewerb habe es ein einhelliges Votum gegeben. „Alle Bedenken sind vom Tisch. Es ist eine faszinierende Chance für das ganze Land."

Ein Signal in die ganze Gesellschaft

Das betonten alle Redner der Veranstaltung, die mit der Olympischen Hymne eingestimmt wurde und zweieinhalb Stunden später mit dem Deutschlandlied endete. Die versammelte Sportfamilie entschied sich damit auch geschlossen dafür, die anerkannte gesellschaftspolitische Rolle des Sports „mit neuem Schwung" zu versehen und damit „ein Signal in die ganze Gesellschaft" zu senden, wie Hörmann sagte.

Kurz nach elf Uhr am Samstagvormittag begrüßte Hörmannn die Delegierten und Ehrengäste in der historischen Paulskirche, der Wiege der deutschen Demokratie, die zugleich für große Zukunftsideen stehe. Das verpflichte für den Weg, den man hier gemeinsam gehen wolle, sagte der DOSB-Präsident: „Olympia einbinden in einen demokratischen Prozess auf der Grundlage der Werte, für die die Paulskirche steht."

Berlins große Geste

Besonders hob er die Anwesenheit des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Michael Müller, hervor. Dass sich Müller mit der Hauptstadt, die sich in diesem Wettbewerb nicht gegen die Hansestadt durchsetzen konnte, gleichwohl hinter die Bewerbung Hamburgs stellte und Unterstützung anbot, nannte Hörmann „ein mehr als wertvolles Signal nicht nur an Sportdeutschland" und dankte „für diese große Geste an das gesamte Land".

Der Sport wolle die positiven Emotionen, die die Menschen beim Zuschauen, Mitfiebern und Mitmachen erleben, mit der olympischen Idee Pierre de Coubertins verbinden. „Damit wollen wir ein Symbol für Völkerverständigung schaffen und fundamentalen ethischen Prinzipien zum Durchbruch verhelfen", sagte der DOSB-Präsident.

Hörmann nahm in diesem Zusammenhang auch Bezug auf die jüngsten Ereignisse in Frankfurt am Rande der Eröffnung der Europäischen Zentralbank. „Die Welt erscheint uns aktuell so voller Gewalt", sagte er. „Da können wir es uns nicht leisten, die Hoffnung aufzugeben, dass es auch anders und menschlicher geht."

Olympische und Paralympische Spiele seien nicht nur eine Aneinanderreihung von Weltmeisterschaften, „sie sind Ausdruck der universellen Hoffnung auf ein Miteinander über alle Grenzen von Nationen, Kultur, Sprache und Religion hinweg. Um diese Hoffnung und darum, sie ein Stück mehr Realität werden zu lassen, wollen – nein – müssen wir kämpfen", erklärte der DOSB-Präsident.

De Maizière: Nicht von Bedenken lähmen lassen

Bundesinnenminister Thomas de Maizière empfahl, sich von Bedenken, mit denen man sich selbstverständlich beschäftigen müsse, nicht lähmen zu lassen. „Wir sollten die Chancen nutzen", sagte er. „Das täte unserem Bedenkenland gut."

Diese Bewerbung könne auch den Reformprozess des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) „geradezu beflügeln", sagte de Maizière. „Wir wollen mit dem Konzept der Bescheidenheit und Nachhaltigkeit genau das zeigen. Wer werden neue Maßstäbe setzen." Als große Demokratie in der Mitte Europas könne Deutschland der Welt zudem demonstriere: „Wir können es gastfreundlich, gut organisiert und sicher."

Jede Generation brauche Gemeinschaft bildende Erlebnisse. „Das kann der Sport wie kein anderer", ergänzte der Minister. Darüber hinaus böten Olympische und Paralympische Spiele uns selbst auch die Möglichkeit zu zeigen: „Ja, wir können wieder Großprojekte." Wichtig seien nun Vertrauen ins Miteinander und unbedingte Identifikation mit diesem großen Projekt, sagte de Maizière und gab frei nach zwei Sprüchen am Eingang des antiken Delphi als Motto vor: „Erkennen wir uns selbst und machen wir es in Maßen."

Bewerbung eines vielfältigen, bunten Landes

Auch Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz beschwor die Möglichkeiten, die eine solche Bewerbung national und auch international biete. „Bei Olympia kann sich die offene Gesellschaft unseres vielfältigen und buntes Landes präsentieren", sagte er. „Wir können und werden der Welt beweisen, dass dies immer noch ein einzigartiges Modell ist." Zugleich forderte er unter dem Beifall der Versammlung dazu auf, sich nun als Gesellschaft dazu zu bekennen. „Es kann doch nicht sein, dass wir alle immer begeistert Olympische Spiele schauen und uns dann nicht trauen, sie im eigenen Land zu organisieren", sagte Scholz.

Untermalt vom Glockengeläut um Punkt zwölf Uhr präsentierte Hamburgs Senator für Inneres und Sport, Michael Neumann, mit seiner Delegation noch einmal schwungvoll das Konzept der „Spiele mitten in der Stadt, mitten im Hafen". Oberbaudirektor Jörn Walter bestätigte, Hamburg stelle für Olympia „die wertvollsten Flächen, die es in dieser Generation zur Verfügung hat", bereit.

Zur Vorstellung unter dem Motto „Feuer und Flamme" gehörten auch Bilder vom begeisternden Empfang der Deutschen Olympiamannschaft 2012 im Hamburger Hafen und von den 20.000 Menschen, die vor wenigen Wochen bei strömendem Regen rund um die Binnenalster mit Fackeln für die Idee „Olympia in Hamburg" demonstriert hatten.

Moritz Fürste: Neues Wort für Gänsehaut erfinden

Hamburgs Hockey-Olympiasieger Moritz Fürste erklärte, er wolle die aktiven Athlet*innen in die Pflicht nehmen, um der nachfolgenden Generation dieses Erlebnis zu ermöglichen. „Für Hamburg 2024 müssten wir dann wohl ein neues Wort für Gänsehaut erfinden", sagte er.

Andreas Silbersack für die Landessportbünde, Barbara Oettinger für die Verbände mit besonderen Aufgaben und Siegfried Kaidel für die Spitzenverbände bekräftigten die Unterstützung der Bewerbung. Friedhelm Julius Beucher, der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes, forderte zusätzlich dazu auf, auch „die Strahlkraft, die Paralympische Spiele mittlerweile haben", für das Werben in der Bevölkerung zu nutzen. Denn der Sport erweise sich immer mehr als Inklusionsmotor.

Ein besonders leidenschaftliches und norddeutsch gefärbtes Olympia-Plädoyer hielt Willi Lemke, Sonderberater des UN-Generalsekretärs für Sport im Dienste von Frieden und Entwicklung. „Was für ein wundervoller Tach", rief er. „Ich spüre eine Begeisterung, die müssen wir ins Land tragen. Ich möchte, dass wir uns als Deutsche als hervorragende Gastgeber zeigen. Ich möchte, dass unsere Kinder den Sport neu erleben."

Sylvia Schenk: Die fünf Ringe im eigenen Land erleben

Sylvia Schenk, Leiterin der Arbeitsgruppe Sport bei Transparency International Deutschland und Olympiateilnehmerin in München 1972, erzählte von der inspirierenden Wirkung ihres Olympia-Erlebnisses. Die Spiele lebten von Symbolen. „Aber die fünf Ringe im eigenen Land zu erleben – das ist noch einmal etwas ganz anderes", sagte sie.

Claudia Bokel, als Aktivensprecherin Mitglied der IOC-Exekutive, bestätigte schließlich, dass die Bewerbung Hamburgs „hervorragend zur Agenda 2020" des IOC passe. Und: „Wer für Deutschland ins Rennen geht, hat hervorragende Chancen zu gewinnen.

Der DOSB-Präsident beschwor diese Möglichkeiten mit einem Zitat von Albert Schweitzer: „Wenn einer träumt, bleibt es ein Traum – doch wir träumten gemeinsam, und so wurde es Wirklichkeit." Deshalb, so Hörmann weiter, gelte: „Wir alle müssen Feuer und Flamme für diese Idee sein. Wenn wir es gemeinsam schaffen, den Traum der fünf Ringe zu verwirklichen, sind wir alle die Gewinner.

Hörmann: Deutschland will Verantwortung übernehmen

Denn Sportdeutschland stehe auch vor der Grundsatzfrage: Wie können wir all die positiven Auswirkungen, die der Sport anerkanntermaßen auf unsere gesamte Gesellschaft hat, noch besser nutzbar machen? Dafür, so Hörmann, „ist und bleibt Olympia der beste Katalysator".

Er erinnerte aber auch daran, dass die Geschichte Olympischer Spiele in Deutschland eine wechselvolle und tragische sei. „Garmisch-Partenkirchen und Berlin 1936 wurden von Adolf Hitler und seinem menschenverachtenden Regime missbraucht. Die fröhlichen Münchner Spiele 1972 wurden von dem schrecklichen Attentat ins Mark getroffen", sagte Hörmann. Deutschland habe an Olympia noch etwas gut zu machen – „auch dafür wollen wir einstehen. Und gerade auch dafür wollen und werden wir – das gesamte Land Deutschland – Verantwortung übernehmen".

Er forderte die Versammlung auf, „zu neuen Ufern aufbrechen" und zitierte dazu Antoine de Saint-Exupéry: „Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Menschen zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer."

„Uns eint die Sehnsucht nach der Olympischen Idee als einigendes Band in einer gefährdeten Welt", schloss Hörmann. „Kurzum: Uns eint die Sehnsucht nach Olympia!"

Bis zum 15. September müssen der DOSB und die Hansestadt beim IOC die Kandidatur für die Ausrichtung der Olympischen Spielen anmelden. Die offiziellen Bewerbungsunterlagen und Garantieerklärungen müssen bis zum 8. Januar 2016 beim IOC eingereicht werden. Auf der IOC-Session 2017 in Lima in Peru fällt dann die Entscheidung, welches Land mit welcher Stadt Gastgeber der Spiele 2024 sein wird.

(Quelle: DOSB)

Diese Website nutzt Cookies, um eine bestmögliche Funktionalität bieten zu können
(weitere Informationen).

Sie können sich entscheiden, ob in Ihrem Browser ein eindeutiger Webanalyse-Cookie abgelegt werden darf, um dem Betreiber der Website die Erfassung und Analyse verschiedener statistischer Daten zu ermöglichen. Wenn Sie sich dagegen entscheiden möchten, entfernen Sie den Haken in unserer Datenschutzerklärung unter Punkt „4.9 Matomo (ehemals Piwik)“ unter Punkt „4.9 Matomo (ehemals Piwik)“, um den Matomo-Deaktivierungs-Cookie in Ihrem Browser abzulegen.