Das IOC beschließt die „Agenda 2020“ ohne Gegenstimme

Agenda2020-CoverNach 15 Monaten im Amt hat Thomas Bach Olympia das Internationale Olympische Komitee (IOC) umgekrempelt. „Das Ziel ist Fortschritt", sagt der Goldmedaillengewinner von Montreal 1976.

Als das letzte Teil seines Puzzlespiels gelegt war, bat IOC-Präsident Thomas Bach vor der Presse um eine kurze Verschnaufpause. „Give me a break", sagte er, nachdem die IOC-Mitglieder auf der 127. IOC-Session in Monaco die 20 plus 20 Reformpunkte der „Agenda 2020" einzeln und ohne Gegenstimme oder Enthaltung beschlossen hatten. Kurz darauf bestürmten ihn die Medien mit Fragen.

Welche der einschneidenden Veränderungen denn nun zuerst umgesetzt würden, wollten die Journalisten von Bach wissen. „Jetzt machen wir erstmal eine kleine Pause, und dann gehen wir an die Arbeit", sagte der IOC-Präsident.

Nur 15 Monate nach seinem Amtsantritt hat Bach Olympia und das Internationale Olympische Komitee (IOC) im Tempo eines 100-Meter-Sprinters umgekrempelt. Die Olympischen Spiele sollen flexibler, nachhaltiger, bescheidener und kostengünstiger werden. „Wir brauchen mehr Flexibilität, um die Vielfalt zu fördern", erklärte Bach. So wird das Bewerbungsverfahren für Olympische und Paralympische Spiele einfacher und transparenter, dazu auch preiswerter.

Vertrag zwischen IOC und Gastgeber wird öffentlich

Der lange geheime Vertrag zwischen IOC und Gastgeberstadt wird zukünftig veröffentlicht und eine Klausel enthalten, die jede Form von Diskriminierung verbietet, wie es auch schon in der Olympischen Charta steht. Zudem bietet das IOC Interessenten Hilfestellungen bei ihren Vorüberlegungen zu einer Olympiabewerbung an und fordert explizit dazu auf, bestehende Sportstätten zu nutzen. Einzelne Wettbewerbe der Spiele können zukünftig problemlos außerhalb der Stadtgrenzen des Gastgeberortes und in Ausnahmefällen sogar außerhalb des Gastgeberlandes stattfinden.

Statt die Zahl der Sportarten im Sommer auf 28 zu begrenzen, soll die Obergrenze fortan 310 Wettbewerbe sein (100 im Winter), die Zahl der Sportarten ist dagegen nach oben offen, während es bei maximal rund 10.500 Athletinnen und Athleten bleibt (Winter: 2900). Limitiert ist auch die Zahl der Offiziellen: 5.000 im Sommer und 2.000 im Winter. Olympia-Gastgeber dürfen zu-dem eine eigene Sportart wählen, die sie bei den Olympischen Spielen zusätzlich und auf eigene Kosten ins Programm aufnehmen. So könnten, spekulieren die Medien, schon in Tokio 2020 Baseball und Softball ihr Olympia-Comeback geben. Die Zahl der Frauen bei Olympia soll weiter steigen; Ziel sind 50 Prozent, besonders gefördert werden gemischte Teamwettbewerbe.

Die Regel sechs der Olympischen Charta, in der die fundamentalen Rechte der Teilnehmer beschrieben werden, wird um den Punkt der „sexuellen Orientierung" erweitert. Ins Leben gerufen wird ein Internetkanal zur Übertragung Olympischer Sportarten.

20 Millionen US-Dollar für Anti-Doping

Der Schutz der sauberen Athleten soll verstärkt werden. 20 Millionen US-Dollar stellt das IOC für Forschung und Prävention von Betrug und Doping bereit. „Jede Ausgabe im Kampf gegen Doping ist ein Investment in den sauberen Sport", sagte Bach und riet zu einer veränderten Sprache: „Warum sprechen wir von positiven Tests bei Doping und von negativen Test bei sauberen Athleten. Wir müssen unsere Denke und unsere Sprache ändern."

Zudem verordnet sich das IOC mehr Transparenz und fordert alle NOKs und Weltverbände auf, die Prinzipien von „Good Governance" zu leben. „Die Menschen wollen heute mehr über uns wissen als früher. Deshalb brauchen wir mehr Transparenz und Nachhaltigkeit", meinte der IOC-Chef, der von 2006 bis September 2013 Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) gewesen war.

Das Ziel ist Fortschritt

Die Veränderungen seien mehr als ein kosmetischer Effekt, hatte Bach bereits bei seiner fulminanten Eröffnungsrede am Sonntagabend betont. „Die Veränderungen müssen ein Ziel haben und dieses Ziel ist Fortschritt." Dieser werde beim Blick auf das nun vollendete Puzzle sichtbar.

Nach 83 Wortmeldungen, zehn Sitzungsstunden und 40 Abstimmungen war das Bild des Puzzles am Montag (8. Dezember) kurz nach 19 Uhr komplett. Im Grimaldi-Forum brandete Applaus auf. Die in seinem Wahlkampf-Programm angekündigten Veränderungen hatte Bach mit extremen Fingerspitzengefühl und der Unterstützung von 14 Arbeitsgruppen, die seit April an der „Agenda 2020" gewirkt hatten, durchgesetzt. Bachs Mut zur Veränderung wurde zum Maßstab im IOC.

„Das habe ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können", resümierte Thomas Bach sichtbar erleichtert, ehe er die Medienvertreter verließ – nicht in die Pause, sondern zum nächsten Termin.

Eine Übersicht zu den einzelnen Reformvorhaben

(Quelle: DOSB/IOC)

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